Wie im letzten Beitrag schon erwähnt, war auch der Mai für mich ein Nachhol-Monat etwas aktuellerer Filme, nachdem ich mich im ersten Jahresviertel überwiegend mit Klassikern beschäftigt hatte. Ein großer Teil der gesichteten Filme war durchschnittlich oder einfach schlecht (eine Auswahl davon: SUICIDE SQUAD, ROBOCOP, CHAPPIE, ALIEN: COVENANT, THE IMITATION GAME, SMOKIN‘ ACES, JURASSIC WORLD). Der Pixar-Film dürfte in der aktuellen Auswahl vielleicht überraschen, aber tatsächlich habe ich viele der letzten Disney- und Pixar-Filme lange hinten angestellt (ich muss in der richtigen Stimmung sein) und erst jetzt in einer größeren Aktion aufgeholt (deshalb auch meine ZOOTOPIA-Review). Die Juni-Liste wird also ziemlich sicher eine Auswahl aus Animationsfilmen beinhalten. Hier ist die Auswahl des letzten Monats:
Filmauswahl Mai 2017:
HACKER (Deutschland 2010, Regie: Alexander Biedermann)
In diesem Dokumentarfilm begleitet Regisseur Alexander Biedermann fünf Vertreter aus der deutschen Hackerszene, von den Mitbegründern des Chaos Computer Clubs Steffen Wernéry und Reinhard Schrutzi, die zur ersten Generation aus den Achtzigern gehören, bis zu Hackern der Gegenwart, die z. B. Viren schreiben oder im Netz nach Sicherheitslücken suchen. Der Film bietet interessante Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der verschiedenen Protagonisten, von denen einige auf einem schmalen Grat wandeln und den Atem des Staatsschutzes stets im Nacken spüren. Zugleich blickt er ein wenig melancholisch in eine vermeintlich verlorene, unschuldige Pionierzeit, in der das Abenteuer der Reise durch die virtuelle Welt im Mittelpunkt stand.
EL SECRETO DE SUS OJOS [THE SECRET IN THEIR EYES] (Argentinien, Spanien 2009; Regie: Juan José Campanella)
Dieser argentinische Film gehört zu den erfolgreichsten der letzten Jahrzehnte und ist ein gut strukturierter Mix aus Krimi und Liebesgeschichte, angesiedelt in der Zeit der Militärdiktatur. Der Gerichtsbeamte Benjamín Esposito (Ricardo Darín) befindet sich im Jahr 2000 in Rente und beschließt, einen Roman zu schreiben, der sich mit einem Mordfall befasst, an dem er vor 25 Jahren arbeitete und der ihn seitdem beschäftigt. Eine junge Frau wurde vergewaltigt und ermordet, und Benjamín folgte irgendwann seinem Instinkt, um den Mörder ausfindig zu machen. Die Suche wurde zur Obsession, und als sie scheinbar beendet war, nahmen die Dinge einen unerwarteten dramatischen Verlauf. EL SECRETO DE SUS OJOS funktioniert vor allem deshalb so gut, weil die Twists, die in einem solchen Genre zu erwarten sind, nicht ganz wie üblich ablaufen, so dass der Zuschauer überrascht wird und bis zum Schluss rätselt. Außerdem ist die Chemie zwischen Darín und Guillermo Francella, der dessen Partner, den Alkoholiker Sandoval spielt, maßgeblich für zahlreiche herausragende Szenen verantwortlich, die trotz des ernsten Themas mit viel Komik und Dialogwitz arbeiten. Der 2010 mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnete Krimi bietet zudem einen ernüchternden Blick in die korrupte und totalitäre Welt der argentinischen Militärdiktatur.
BLACK MASS (USA, Vereinigtes Königreich 2015; Regie: Scott Cooper)
Scott Cooper hatte mit CRAZY HEART (2009) einen großartigen und niederschmetternden Film über einen alkoholsüchtigen Countrysänger (Jeff Bridges) verfilmt, und mit OUT OF THE FURNACE (2013) einen weiteren großartigen Film realisiert (siehe unten). Sein dritter Film, BLACK MASS aus dem Jahr 2015, ist eine Verfilmung des Buches Black Mass: The True Story of an Unholy Alliance Between the FBI and the Irish Mob (2001) von Dick Lehr und Gerard O’Neill und spielt die Ereignisse rund um den irischen Mafiaboss James „Whitey“ Bulger (Johnny Depp) nach, der von dem FBI-Agenten John Connolly (Joel Edgerton), einem Freund aus der Kindheit, als „Informant“ für das FBI angeheuert wird, um die italienische Mafia in South Boston auszuschalten. Im Zuge dessen gewinnt Bulger jedoch zunehmend an Macht, und der offizielle Informantenstatus wird zur Farce, mittels derer Bulger hinter dem Rücken des FBI und mit dessen Hilfe seine eigene Agenda verfolgen kann. BLACK MASS ist ein exzellentes crime drama, das allerdings mit einem großen Problem zu kämpfen hat: Johnny Depps Verwandlung ist so extrem, dass sie permanent hervorsticht. Vor allem seine extrem hellen, blauen Augen wirken künstlich und schmälern das ansonsten gute Spiel Depps. Ansonsten ist der Film ein faszinierender Einblick in eine abstruse und unfassbare Geschichte.
UP (USA 2009, Regie: Pete Docter, Bob Peterson)
Der alte Carl befestigt eine Unzahl von Heliumballons an sein Haus, um sich dann samt Heim auf die Flugreise nach Südamerika zu machen, wo er ein Versprechen einlösen will, das er seiner verstorbenen Frau gemacht hatte. Eines muss man dieser Geschichte lassen: an Originalität ist sie kaum zu übertreffen. Pixars UP von den Regisseuren Pete Docter und Bob Peterson ist eine zauberhafte Reise in wunderbaren Bildern und Farben. Der Film ist nicht nur eine fantasievolle Story, sondern bietet auch einen sehr interessanten Hauptprotagonisten, wie man ihn selten in Filmen sieht. Auch wenn mir einige Pixar-Filme besser gefallen haben, ist UP zweifellos ein besonderer Film und erst der zweite Animationsfilm nach Disneys BEAUTY AND THE BEAST (1991), der für einen Oscar als bester Film nominiert wurde.
OUT OF THE FURNACE (USA, Vereinigtes Königreich 2013; Regie: Scott Cooper)
Der bereits erwähnte zweite Film von Scott Cooper (CRAZY HEART, BLACK MASS) hat mir bisher am besten gefallen. OUT OF THE FURNACE ist ein großartiges Drama, in dem zwei Brüder versuchen, mit ihrem Leben klarzukommen. Russell (Christian Bale) arbeitet im Stahlwerk in Pennsylvania und versucht, mit seinen Schuldgefühlen zurechtzukommen, während sein Bruder und Irak-Veteran Rodney (Casey Affleck) sich orientierungslos und traumatisiert mit illegalen Faustkämpfen über Wasser hält, wobei er jedoch zunehmend Schulden anhäuft und in Schwierigkeiten gerät. Russell versucht, seinem Bruder zu helfen und ihn auf die richtige Bahn zu bringen, doch es kommt schließlich der Moment, an dem Rodney verschwindet und Russell entscheidet, sich auf die Suche zu machen. OUT OF THE FURNACE ist spannend, emotional und schauspielerisch auf hohem Niveau – dafür sorgen nicht nur Bale und Affleck, sondern auch die restliche starke Besetzung: Willem Dafoe, Woody Harrelson, Forest Whitaker, Zoe Saldana und Sam Shepard. Ähnlich wie CRAZY HEART (2009) und BLACK MASS (2015) ist OUT OF THE FURNACE eine überzeugende Milieustudie und ein intensives Drama.
El secreto de sus ojos ist einer dieser Filme mit maximaler Atmosphäre. Dazu das bulgarische Synfonieorchester und diese schöne Kamera *schwelg* Freut mich, dass der auch bei dir ankommt.
El secreto de sus ojos mochte ich damals auch sehr gerne. Zu Black Mass und Out of the Furnace habe ich nur Schlechtes gehört (und glaube das auch bedingungslos).