LOVE

Veröffentlicht: 5. Mai 2012 in reviews
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Captain Lee Miller (Gunner Wright) ist im Jahre 2039 in Solomission auf der ISS Raumstation stationiert. Aus einem nicht näher erklärten Grund bricht der Kontakt zur Erde ab, nachdem er eine rätselhafte letzte Nachricht erhalten hat, die ihn über einen außerplanmäßigen längeren Aufenthalt informiert. Zunehmend geht die strikte Astronautenroutine flöten, Miller leidet unter der Isolation und sein Geisteszustand verschlechtert sich. Er und auch die Raumstation verwahrlosen im Laufe der Jahre. Selbstgespräche vermischen sich mit Halluzinationen und Fantasien, und dann findet Miller auch noch ein mysteriöses Buch aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges. LOVE ist das Spielfilmdebüt von William Eubank, ein 500.000 $ Low-Budget Science Fiction Film, der mit bekannten Mustern der psychologischen SF spielt, wie der Fan sie aus z. B. Tarkovskis SOLYARIS, Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY oder in neuerer Zeit aus Duncan Jones‘ MOON kennt und schätzt. Finanziert wurde das Projekt von der Band Angels & Airwaves, die auch für den Score zuständig war. Was ursprünglich als filmische Umsetzung der Musik gedacht war, hatte die Band so beeindruckt, dass daraus ein ganzer Spielfilm entstand.
LOVE beginnt überraschend und beeindruckend: nicht im Erdorbit des Jahres 2039, sondern in den Schützengräbern des amerikanischen Sezessionskrieges spielen die ersten Szenen, die mit optisch eindrucksvollen Highspeed-Aufnahmen an Momente aus aus Snyders 300 erinnern, während sie mit introvertiertem Voice Over Reflexionen eines Soldaten ein wenig die Stimmung aus Malicks THE THIN RED LINE evozieren. Nach diesem unkonventionellen Intro, das Lust auf mehr macht, kommen wir uns aber doch in die Zukunft, bzw. die Gegenwart des Jahres 2039, in welcher Captain Miller mit den Folgen des mysteriösen Ereignisses zu kämpfen hat.

LOVE gehört zu den Filmen, von denen ich unbedingt möchte, dass sie mir gefallen. Sowohl das SF-Setting, das grundlegende Thema und die Stimmung als auch die atmosphärischen und hypnotischen Klänge liegen ganz auf meiner Wellenlänge. Da akzeptiere ich auch gerne die künstliche Schwerkraft auf der Raumstation, denn mich beeindruckt der unbändige Wille eines Filmemachers, sein Projekt umzusetzen, das Set im Garten der Eltern aufzubauen und für ein (für Spielfilm-Verhältnisse) verschwindend geringes Budget einen Film in solcher Dimension zu realisieren, der sich zumindest visuell vor Wenigen verstecken braucht. Gleichzeitig aber fällt es mir schwer, LOVE wirklich zu mögen, da mich zu viele Dinge stören. Zu sehr geht eine eigentliche Handlung verloren, und zu sehr wurde der Schwerpunkt auf die Optik gelegt. Das ist an vielen Stellen style over substance. LOVE erinnert mich oft an TV Commercials. Es werden visuell ansprechende Bilder gezeigt, die als eye candy dienen, aber nichts aussagen. Auf die Spitze treiben es die fast schon billig anmutenden Aufnahmen eines sich räkelnden halbnackten Models aus der Fantasie Millers. Das ist für mich zu sehr die Handschrift eines Regisseurs, der in der Werbebranche seine Brötchen verdient und dem Kunden gute Bilder macht, damit dessen Produkt verkauft werden kann. Es ist wirklich schade, denn das Thema der Isolation und (um auf den Titel zu kommen) das der Liebe, die jeder Mensch braucht (wir alle sind soziale Wesen, die ohne Kontakt verkümmern, was verschiedene Charaktere in mehreren Inserts der Kamera attestieren), hätte schon für einen melancholischen Film gereicht. Es muss nicht zwangsläufig ein Plot mit twists und turns sein, um als Film Daseinsberechtigung zu bekommen.
So verliert sich LOVE schließlich in zahlreichen Redundanzen und schöpft jede mögliche interessante Einstellung des ISS-Sets aus bis hin zu einem Finale, das die Realität der erlebten Geschichte in Frage stellt und dem Zuschauer Stoff zum Nachdenken gibt. Im Vergleich zum thematisch ähnlichen MOON hat LOVE das Nachsehen, dafür bietet er zu wenig Inhalt zur Optik. Dennoch ist es ein Film, den man sich als Science Fiction Fan ansehen kann und dem sicherlich auch viele Leute etwas abgewinnen werden. Ich ziehe für mich den Schluss, dass ich mich verneige vor Eubank und seiner Energieleistung bei diesem Projekt, dass ich aber gleichzeitig das Potential des Films nicht erfüllt sehe und nicht auf einer emotionalen Ebene berührt wurde wie in den anderen genannten Titeln.
Auf der Blu-Ray beeindrucken vor allem der Ton und die Musik, welche allemal ein interessantes Erlebnis bieten. Die Bilder sind in eindrucksvoller HD-Optik gehalten, wenn auch besonders in dunklen Bereichen merkwürdige horizontale Linien erscheinen. Dieser Effekt ist mir bisher auf keiner Blu-Ray erschienen, und wenn auch besonders die gelegentlichen Inserts im Film in Video-Optik gehalten werden, so habe ich das Gefühl, dass es sich bei den genannten Streifen eher um Probleme der Kompression oder des Codecs handelt. Es handelt sich hierbei jedoch nur um einen dezenten Effekt, der nicht das Erlebnis als Zuschauer zunichte macht, aber mir zumindest aufgefallen ist. Als Bonusmaterial der von splendid herausgebrachten Disc wurden noch zwei Musikvideos von Angels & Airwaves inklusive Making Of, vier deleted scenes sowie ein ca. einminütiger Ausschnitt von Interviews auf dem roten Teppich bei den Fantasy Awards hinzugefügt. Ein Klick auf den Blog des Regisseurs zeigt weiteres interessantes Material.

Fazit

LOVE beeindruckt als Low-Budget Projekt, das erstaunlich hochwertige Bilder und eine beeindruckende Ausstattung zeigt. Die größte Stärke des Films ist der Audio-Track, während der Film selbst Schwächen in der eigentlichen Handlung hat, die durch redundante (wenn auch zum größten Teil ansprechende) Bilder in die Länge gezogen wird, obwohl nicht viel geschieht. Vielleicht wäre ein ausführlicher Kurzfilm das geeignetere Format für das Material gewesen. Dennoch ist LOVE ein Film, den sich jeder Science Fiction Fan ansehen kann und der seine eigene Fangemeinde entwickeln könnte.

LOVE
USA 2011
Regie: William Eubank
Drehbuch: William Eubank
Kamera: William Eubank
Schnitt: Brian Berdan, Scott Chestnut
84 min.

6/10

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