Paris im Jahre 1572 ist ein Pulverfass. Die Hugenottenkriege drohen das Reich zu entzweien – eine unmögliche Option für die königlichen Adelshäuser. So wird entschieden, mit einer Ehe zwischen der katholischen Marguerite de Valois (Isabelle Adjani) und dem protestantischen Prinzen Henri de Navarre (Daniel Auteuil) die Wogen zu glätten und die Friedensverhandlungen voranzutreiben. Marguerite ist nicht erfreut über die Hochzeit, sie kann Henri nicht leiden und vergnügt sich lieber maskiert mit Liebhabern auf der Straße. Doch der scheinbare Friedensschluss durch die Heirat ist nur ein Puzzleteil des diabolischen Planes von Catherine de Medici (Virna Lisi), Königsregentin. Denn mit Henri sind tausende protestantische Adelige und deren Anhang nach Paris gereist, um der Hochzeit beizuwohnen. Catherine hat einen folgenschweren Entschluss gefasst, um die Regentschaft ihrer Söhne zu sichern. Die religiösen und politischen Gegner sollen liquidiert werden im später als Bartholomäusnacht bekannt gewordenem Massaker. Die Adeligen Protestanten im Louvre werden zusammengetrieben und aufgespießt, und auf den Straßen jagen und morden ganze Mobs, so dass schließlich ein grauenhaftes Bild von nackten toten Körpern die Straßen von Paris verunstaltet.
Henri überlebt jedoch ebenso wie Marguerites Liebhaber La Môle (Vincent Perez), und von nun an beginnt ein tödliches Intrigenspiel am Hofe, geprägt von Paranoia und Verschwörungen, im Kampf um den Thron und gegen die verbleibenden Protestanten.

LA REINE MARGOT (dt. „Die Bartholomäusnacht“) ist ein epischer Historienfilm, der auf dem gleichnamigen Buch von Alexandre Dumas, dem Älteren beruht, welcher auch vor allem durch die Werke „Die drei Musketiere“ und „Der Graf von Monte Cristo“ Weltberühmtheit erlangt hatte. Geschildert werden in dramatisierender Weise die Ereignisse dieses dunklen Kapitels in der Geschichte Frankreichs. Bis heute sind sich Historiker uneins bezüglich der genauen Opferzahlen und der Drahtzieher. Im Buch und im Film ist die politisch versierte Italienerin Catherine (Caterina de‘ Medici) der Auslöser des Massakers, und zeigt auf grausame und fatale Weise, wie der Trieb nach politischer Machterhaltung sämtliche moralischen Fragen ausklammern kann. Eingewoben in das historische Setting ist die Liebesgeschichte zwischen La Môle und Marguerite, die jedoch niemals zur Schnulze wird.
LA REINE MARGOT ist ein Film mit zahlreichen Charakteren, und der Zuschauer braucht lange, bis er die Orientierung hat und die komplizierten Hintergründe einigermaßen einordnen kann. Wer sich mit den historischen Ereignissen gar nicht auskennt, wird bestimmt über lange Passagen des Films hinweg aufgeben, die politischen Konstellationen zu begreifen. Dennoch stechen die Hauptfiguren hervor und hinterlassen bleibenden Eindruck. Daniel Auteuil spielt auf wunderbare Weise den um sein Leben fürchtenden Henri, der im Louvre quasi im Hornissennest sitzt. Isabelle Adjani spielt die Titelfigur „Margot“, eine der wenigen Charaktere, die noch so etwas wie ein moralisches Bewusstsein innehaben. Natürlich bleibt auch die Darstellung der Catherine dem Zuschauer im Kopf und widert ihn an. Raffinierterweise wurde nicht der einfache Weg eingeschlagen, sie als abgrundtief bösen Menschen darzustellen. Sie ist jedoch eine dermaßen in die Politik verstrickte Person, dass sie alle moralischen Aspekte und Konsequenzen komplett ausblendet, bis hin zur Stelle, an der sie durch ihre Handlungen ihr eigen Fleisch und Blut gefährdet. Auch Jean-Hugues Anglade (TAKING LIVES) hat mich in seiner Rolle als König Charles IX. sehr beeindruckt. Wirkt er zunächst noch weinerlich und schwach und scheint nur eine Marionette zu sein, wächst er im Laufe der Handlung über sich hinaus, und das gleiche gilt für die schauspielerische Darstellung Anglades. Eine weitere Leistung, die bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen hat, ist die von Pascal Greggory, der hinterhältige Bruder Charles IX., der es kaum abwarten kann, den Thron selbst einzunehmen (Greggory hat übrigens eine bizarre Ähnlichkeit mit Mickey Rourke)…

Was mir an LA REINE MARGOT gefällt

Ich mag Historienfilme, die auch historisch und authentisch anmuten (mal außen vor gelassen, ob sie auch authentisch sind). Dies ist bei diesem Film der Fall. Die Charaktere sind glaubhaft, der Look und die Atmosphäre stimmig, wenn auch deprimierend und abstoßend. Eine ganze Reihe guter Schauspieler, spannende und abwechslungsreiche Szenen, eine Prise Erotik und eine gelungene Sittendarstellung machen LA REINE MARGOT zu einem positiven Erlebnis, welches aufgrund des brutalen Ablaufs und der expliziten Gewaltdarstellung nicht unbedingt für alle Gemüter geeignet sein dürfte.

Was mir an LA REINE MARGOT nicht gefällt

An vielen Stellen wirkt der Film zerfahren. Er springt in Form vieler Jump Cuts, und man braucht immer einen kleinen Moment um zu realisieren, wo und wann man sich gerade befindet im Vergleich zur vorherigen Szene. Die ursprüngliche Fassung war über 160 Minuten lang und wurde gekürzt auf die jetzigen Versionen von 133 Minuten. Man sieht dem Film allerdings an, dass Inhalt entnommen wurde, auch wenn der eigentliche Ablauf nicht unterbrochen ist. Ich würde mir gerne irgendwann die Langfassung ansehen um festzustellen, ob der etwas chaotische Eindruck dann immer noch entsteht.

Fazit

Ich kann LA REINE MARGOT nur weiterempfehlen, an Fans des Historienfilms sowieso. Wem Isabelle Adjani und Asia Argento keine weiteren Argumente sind, dem kann ich erst recht nicht helfen. Ein gewaltiger und aufwühlender Bilderrausch, eine gelungene Mischung aus historischem Drama und Abenteuerfilm.

LA REINE MARGOT
F 1994
Regie: Patrice Chéreau
Drehbuch: Danièle Thompson, Patrice Chéreau
Kamera: Philippe Rousselot
Schnitt: François Gédigier, Hélène Viard
133 min.

8/10


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